2/24: Die Höhenangst des Grashüpfers

Meine Reizwort-Story zur Aufgabe 2/24 vom 10. Januar aus meinem interaktiven Schreibbuch »Lanzarote! Schreib mich! Wenn du kannst.«

Ein zartgliedriger, sehr alter Grashüpfer stand vor der Aufgabe seines Lebens. Eines Morgens hockte er mit seinen Enkelhüpfern vor einer tiefen Schlucht, in der weit unten ein reißender Fluss tobte. Über den Abgrund war ein uraltes, grünes Seil gespannt.

»Wie lange das wohl schon hier hing?«, murmelte der Grashüpfer-Opa besorgt. »Oje, oje … ich werde bestimmt in die Tiefe stürzen und erbärmlich ertrinken! Ich kann doch nicht schwimmen …«

Er seufzte. Die Angst war nicht nur das Ertrinken, sondern auch die Blamage – und vor allem seine erdrückende Höhenangst. Der Opa war 5,5 Monate alt und hatte noch nie wirklich großartig gehüpft! Kleine Sprünge waren sein ganzes Leben lang genug gewesen.

Die Enkelhüpfer feuerten ihn an:

»Los, Opa, spring! Du schaffst das! Hüpfer um Hüpfer über das Seil. Es ist doch gar nicht weit!«

Jetzt war es Zeit, sich mutig der Angst zu stellen. Der Grashüpfer-Opa betrachtete das Seil intensiv. »Wie kann ich Vertrauen gewinnen?«, dachte er. Plötzlich tauchte ein Bild in seinen Gedanken auf: Unter dem Seil spannte sich eine weite, weiche Fläche, wie ein glattes Betttuch. Und eine leise Stimme flüsterte:

»Stell dir vor, das Seil liegt harmlos auf dem Boden. Würdest du dann Angst haben? Nein! Also hüpfe – freudig und leicht!«

Und genau das tat er. Schritt für Schritt, so harmlos wie auf dem glatten Boden, sprang der Grashüpfer-Opa über das Seil. Drei Augenblicke später war er sicher auf der anderen Seite. Das Bild der weißen Fläche verschwand, der tosende Fluss war wieder da – und die Enkelhüpfer jubelten.

»Es ist alles eine Frage der Perspektive!«, erkannte der Opa. Mit jedem Sprung wuchsen das Vertrauen und die Freude. Etwas Wehmut tauchte auf über all die verpassten Abenteuer, die er bisher nicht gewagt hatte.

Er könnte sich leicht darüber grüner ärgern, lässt es aber.

Für uns Menschen gilt dasselbe: Ein »riesiger Fluss« kann oft nur ein winziges Rinnsal sein. Und ein Seil manchmal nur ein Faden aus einem Kleidungsstück. Wie oft lassen wir uns von unserer eigenen Perspektive einschränken?

Diese Geschichte schrieb ich anhand der fünf vorgegebenen Wörter: grün, Seil, Fläche, schwimmen, alt. Versuchen Sie es selbst! Werden Sie kreativ und schreiben Sie Ihre Story mit diesen fünf Wörtern.

Sonnige Grüße

Tanja alias Wortfeger

Hier erzähle ich diese Geschichte auf Schweizerdeutsch. Hören Sie sie auf YouTube an:

Hinweis: Das Video zeigt meine ursprüngliche Reizwortstory auf Schweizerdeutsch. Den Blogtext habe ich später überarbeitet und erweitert. Beide Versionen erzählen dieselbe Grundidee, einfach in etwas anderer Form.

Stellen Sie sich selbst der kreativen Herausforderung, Reizwortstorys zu schreiben. Die Aufgaben sind ein wertvolles Aufsatztraining oder eine spaßige Methode des kreativen Schreibens. In meinen interaktiven Büchern »Zaubermaus« oder »Lanzarote – Schreib mich!« finden Sie inspirierend illustriert je 30 Reizwortaufgaben, alles in Deutsch (nicht Schweizer Mundart).

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